Die ethischen Richtlinien des Verbandes

Präambel

Die Ethikerklärung bestimmt die Grundsätze und Regeln, zu deren Wahrung sich Mitglieder des FDH bei der Ausübung ihres Berufes verpflichten. Mitglieder stellen sich der Verantwortung, die in diesen Richtlinien beschriebenen Prinzipien zu beachten und sie als Grundlage für die verantwortungsvolle Umsetzung in der Praxis zu nutzen.

Ethische Rahmenrichtlinien unterstützen darüber hinaus die kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Haltung. Dies ist ein ständiger Prozess der Rückbesinnung und Bewertung.

Ausschlaggebend bei der Anwendung dieser Leitlinien ist, dass Heilpraktiker und Heilpraktikerinnen sich bewusst sind, dass die Anwendung eines ethischen Standards je nach Kontext variieren kann. Die ethischen Standards sind nicht allumfassend. Die Tatsache, dass ein bestimmtes Verhalten im ethischen Kodex nicht ausdruücklich erwähnt wird, bedeutet nicht, dass es zwangsläufig ethisch oder nicht ethisch ist.

Ob eine Handlung ethisch und fachlich angemessen ist, wird nicht durch die auftretenden, sondern die möglichen Folgen bestimmt.

Ziel

"Der Heilpraktiker hat den hohen ethischen Anforderungen seines freien Heilberufs zu dienen und alles zu vermeiden, was dem Ansehen seines Berufsstandes schadet." (Art. 1 der Berufsordnung)

Ergänzend zu den Grundsätzen aus Art. 1 der Berufsordnung ist es das Ziel dieser Erklärung, klare Richtlinien zu geben, an denen Mitglieder ihr Handeln zu ihrem eigenen Schutz und zum Schutz der Patienten und Patientinnen ausrichten können.

Diese Orientierungshilfe für die ethischen Aspekte der beruflichen Aktivitäten hilft das Vertrauen zwischen Heilpraktiker/Heilpraktikerin und Patient und Patientin zu erhalten bzw. zu fördern.
Die Beschreibung von ethischen Standards für das professionelle Verhalten ermöglicht es, berufswürdiges Verhalten zu fördern und berufsunwürdiges Verhalten zu verhindern.
Diese Erklärung ist dabei die Grundlage für die Klärung und Bewertung von Streitfällen.

Regeln zur Berufsausübung

§ 1 Grundsätze

Ein/e Heilpraktiker/Heilpraktikerin übt seinen/ihren Beruf nach seinem/ihrem Gewissen und den Geboten der Menschlichkeit aus. Die Ethikrichtlinien sind ihm/ihr dabei Leitschnur. Er/Sie wird keine Grundsätze anerkennen und befolgen, die dem widersprechen.

§ 2 Aufgaben der HeilpaktikerInnen (vgl. Art. 1 u. 2 der Berufsordnung)

Abs. 1
Heilpraktiker und Heilpraktikerinnen haben die Intention, die Gesundheit ihrer Patienten und Patientinnen zu schützen, zu fördern und wiederherzustellen. An diesem Maßstab ist ihr Handeln ausgerichtet.
Mitglieder des FDH unterlassen alles, was Patienten und Patientinnen schadet oder schaden könnte. Das heißt insbesondere, dass Abhängigkeiten nicht zum eigenen Vorteil oder zur Befriedigung von Bedürfnissen des/r Heilpraktikers/Heilpraktikerin ausgenutzt werden und dass alle Kontakte und Beziehungen unterlassen werden, die dem Interesse des/r Patienten und Patientin entgegenstehen.
Dabei ist zu beachten, dass bei vorhandenen Abhängigkeiten eine sexuelle Beziehung zum Schaden des Patienten/der Patientin ist und sich deshalb verbietet.

Abs. 2
Achtsamkeit und Verantwortlichkeit für die eigenen Grenzen sind Eckpfeiler professioneller Berufsausübung.
Daher verpflichten sich Mitglieder, die Grenzen des eigenen Wissens und Tuns ständig zu überprüfen und nur Therapien auszuüben, die ausreichend beherrscht werden. Auf das BGH-Urteil vom 29.01.1991 (VI ZR 206/90) wird ausdrücklich hingewiesen. Demnach sind KollegInnen verpflichtet, sich eine ausreichende Sachkunde über die Behandlungsweisen einschließlich ihrer Risiken, vor allem der gefahrlosen Anwendung, anzueignen und im Einzelfall zu prüfen, ob die eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten ausreichen, um eine ausreichende Diagnose zu stellen und eine sachgemäße Heilbehandlung einzuleiten. Anderenfalls muß der Eingriff unterlassen werden.

Abs. 3
Mitglieder des FDH erwägen die Grenzen ihrer eigenen Fähigkeiten, bevor sie ihre therapeutischen oder beratenden Dienste zur Verfügung stellen. Sie lehnen berufliche Arbeiten ab, für die sie nicht ausreichend vorbereitet sind. Auf Wunsch des/r Patienten/Patientin oder wenn dies medizinisch notwendig erscheint, müssen KollegInnen oder ÄrztInnen hinzugezogen werden.

Abs. 4
Die Qualität der Arbeit beinhaltet sowohl fachliche als auch persönliche Kompetenz. Deshalb besteht die Möglichkeit zur Supervision bei beruflichen Problemen oder wenn private Probleme sich auf die Berufsausübung auswirken können. Eine kontinuierliche Supervision der therapeutischen Arbeit kann die notwendige Voraussetzung qualitativ hochwertiger Arbeit sein. Sie kann auch kollegial geleistet werden, z.B. im Rahmen von Bezirkstreffen oder Ähnlichem.

§ 3 Fortbildung ( vgl. Art. 5 Berufsordnung, BGH-Urteil zur Sorgfaltspflicht)

Abs. 1
Qualifizierte Arbeit setzt voraus, dass die Anbietenden ihre fachliche Qualifikation kontinuierlich weiterentwickeln, sich fortbilden (Literaturstudium, Fortbildungen) und sich überprüfen. Heilpraktiker und Heilpraktikerinnen sind verpflichtet, sich in dem Umfange beruflich fortzubilden, wie es zur Erhaltung und Entwicklung der zu seiner/ihrer Berufsausübung erforderlichen Fachkenntnisse notwendig ist.

Abs. 2
Mitglieder sollten ihre Fortbildung gegenüber dem Verband in geeigneter Form nachweisen können.

§ 4 Verhaltensregeln

Abs. 1
Die Arbeit eines/r Heilpraktikers/Heilpraktikerin beruht auf der Achtung vor dem Menschen.
Jede Behandlung hat unter Wahrung der Menschenwürde und unter Achtung der Persönlichkeit, des freien Willens und der Rechte des/r Patienten/Patientin, insbesondere des Selbstbestimmungsrechts und der Privatsphäre, zu erfolgen.

Abs. 2
Eine Ausnutzung des Vertrauens, der Unwissenheit, der Leichtgläubigkeit oder der Hilflosigkeit von Patienten und Patientinnen ist abzulehnen, auch wenn sie der Anwendung diagnostischer oder therapeutischer Methoden dienen.
Ferner unterbleibt jede Ausnutzung beruflicher Beziehungen zum Zwecke finanzieller, persönlicher oder beruflicher Vorteile sowie zum Zwecke der Forschung.

Abs. 3
Die PatientInnen-HeilpraktikerIn-Beziehung ist bei aller möglichen Nähe stets professionellere Art. Sie ist von Verlässlichkeit geprägt. Entstandene Abhängigkeiten dürfen nicht in Ausnutzung des Machtgefälles missbraucht werden. Sexuelle Übergriffe von BehandlerInnen und BeraterInnen sind immer ein solcher Missbrauch.
In der Behandlung darf es daher weder sexuelle Intimitäten noch konkrete oder implizite sexuelle Angebote geben. Körperliche Berührungen in der Behandlung werden bewusst nicht sexuell eingesetzt.

Abs. 4
Für körperliche Berührungen bedarf es der eindeutigen Zustimmung der Patienten und Patientinnen.

Abs. 5
Da sich durch die Beendigung einer Therapie nicht automatisch eine Änderung in der Beziehung ergibt, tragen die Heilpraktiker und Heilpraktikerinnen, die eine sexuelle Beziehung zu einer/m ehemaligen Patientin/Patientin eingehen, die Verantwortung zu zeigen, dass keine Ausbeutung oder Missbrauch vorliegt.
Nach Beendigung der Behandlung sollte mindestens ein Jahr vergehen, bevor eine sexuelle Beziehung eingegangen wird, da es zur Auflösung des Machtverhältnisses Zeit braucht.

Abs. 6
Mitglieder schützen ihre berufliche Unabhängigkeit und Integrität, indem sie jede Situation meiden, die entweder den Anschein eines Interessenkonfliktes oder einen tatsächlichen in der Beziehung mit Patienten und Patientinnen schaffen könnte.

§ 6 Schweigepflicht/Berufsgeheimnis (vgl. Art. 3 der Berufsordnung)

Abs. 1
Der/die Heilpraktiker/Heilpraktikerin ist verpflichtet, das Berufsgeheimnis zu wahren. Die Schweigepflicht erstreckt sich auf alles, was der/die Heilpraktiker/Heilpraktikerin in Ausübung des Berufes sieht, erkennt, feststellt, enthüllt oder zufällig entdeckt.

Abs. 2
Der/die Heilpraktiker/Heilpraktikerin ist zur Offenbarung befugt, soweit er/sie von der Schweigepflicht entbunden worden ist oder soweit die Offenbarung zum Schutze eines höherwertigen Rechtsgutes erforderlich ist.
Eine Entbindung von der Schweigepflicht von Seiten der Behandelten kann nur schriftlich erfolgen.

Abs. 3
Gesetzliche Aussage- und Anzeigepflicht bleiben unberührt. Eine Einschränkung der Schweigepflicht ist gegeben, wenn die Patienten und Patientinnen eine Gefahr für sich selbst oder andere darstellten.

Abs. 4
Mitglieder haben ihre MitarbeiterInnen über die Pflicht zur Verschwiegenheit zu belehren und dies schriftlich festzuhalten.

Abs. 5
Mitglieder können Inhalte, die unter die Schweigepflicht fallen, mit Dritten besprechen, die ihrerseits dem Berufsgeheimnis unterliegen, allerdings nur dann, wenn die Weitergabe des Geheimnisses der Behandlung dient.

Abs. 6
Die Schweigepflicht endet weder mit Beendigung der Therapie noch mit dem Tode der/des Patientin/Patienten.

§ 7 Dokumentationspflicht (vgl. Art. 4 Berufsordnung)

Abs. 1
Mitglieder des FDH haben über die in Ausübung des Berufes gemachten Feststellungen, getroffenen Maßnahmen und angewandten Therapien die erforderlichen Aufzeichnungen zu machen. Diese sind nicht nur Gedächtnisstützen für den/die Heilpraktiker/Heilpraktikerin, sie dienen auch dem Interesse der/s Patientin und Patienten an einer ordnungsgemäßen Dokumentation.

Abs. 2
Der/die Heilpraktiker/Heilpraktikerin hat dem/r Patienten/Patientin auf dessen/deren Verlangen grundsätzlich in die betreffenden Krankenunterlagen Einsicht zu gewähren; ausgenommen sind diejenigen Teile, die subjektive Eindrücke oder Wahrnehmungen des/r Heilpraktikers/Heilpraktikerin enthalten. Auf Verlangen sind dem/r Patienten/Patientin Kopien der Unterlagen gegen Erstattung der Kosten herauszugeben

Abs. 3
Die Aufzeichnungen sind für die Dauer von 10 Jahren nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren, soweit nicht gesetzlich eine längere Aufbewahrungsfrist besteht.

Abs. 4
Aufzeichnungen auf elektronischen Datenträgern oder anderen Speichermedien bedürfen besonderer Sicherungs- und Schutzmaßnahmen, um deren Veränderung, Vernichtung oder unrechtmäßige Verwendung zu verhindern.
Das Mitglied trifft ebenfalls Vorkehrungen zum Datenschutz bezüglich der Akten für den Fall des eigenen Todes und der Arbeitsunfähigkeit.

§ 8 Beendigung einer Behandlung

Abs. 1
Mitglieder des FDH ziehen ihre Dienste - mit Ausnahme außergewöhnlicher Umstände - erst nach sorgfältiger Abwägung aller situativen Faktoren und möglicher nachteiliger Auswirkungen zurück.

Abs. 2
FDH-Mitglieder beenden eine Behandlung, wenn

  1. im gegenseitigen Einverständnis die Therapie als abgeschlossen angesehen wird
  2. das Mitglied an den Grenzen seiner fachlichen Kompetenz und/oder ihrer/seiner Belastbarkeit angekommen ist
  3. deutlich wird, dass der/die Patient/Patientin die Behandlung nicht länger braucht, davon nicht profitiert, sie nicht mehr will oder durch eine Fortführung Schaden erleiden würde.

Abs. 3
Will ein Mitglied die Behandlung eines/r Patienten/Patientin beenden, so hat es dafür Sorge zu tragen, dass der/die Patient/Patientin einen adäquaten Ersatz oder anderweitige Unterstützung findet. Mitglieder sind dafür verantwortlich, angemessene Empfehlungen auszusprechen und den Patienten/Patientinnen während der Beendigung und des Übergangs Unterstützung zukommen zu lassen.

Abs. 4
Auch nach Beendigung der therapeutischen Beziehung bleiben bestimmte professionelle Verpflichtungen bestehen:

  • Aufrechterhaltung der Schweigepflicht
  • Vermeidung der Ausnutzung der früheren Beziehung
  • Bereitstellung etwaig benötigter Nachsorge

Abs. 5
Nachbehandelnde KollegInnen werden vollständig und korrekt informiert.

§ 9 Kollegiales Verhalten (Vgl. Art. 23 Berufsordnung)

Abs. 1
Da keine Therapieform den Anspruch auf Ausschließlichkeit erheben und dabei behaupten kann, kompetenter als andere zu sein, respektieren HeilpraktikerInnen Therapiekonzepte und -methoden anderer Fachrichtungen. Eine berufliche Meinungsverschiedenheit kann in verschiedenen beruflichen Foren sachlich ausgetragen werden und soll nicht Anlass zu öffentlicher oder PatientInnen gegenüber geäußerter Polemik geben. Mitglieder des FDH verzichten darauf, KollegInnen öffentlich oder im Therapiegespräch abwertend zu kritisieren oder zu verleumden.

Abs. 2
HeilpraktikerInnen vermeiden es, Informationen über die persönliche und familiäre Situation von KollegInnen an deren PatientInnen weiterzugehen.

Abs. 3
Es ist berufsunwürdig ein/e Kollegen/Kollegin aus der Behandlungstätigkeit oder als MitberwerberIn zu verdrängen. Bei Anfragen von Personen, die sich schon anderweitig in Behandlung befinden, gilt es kritisch abzuwägen, ob es verantwortungsvoll ist, die den Patientin/Patienten in Behandlung zu nehmen.

§ 10 Ethikkommission

Die Ethikkommission wird tätig, wenn sie Kenntnis über ein möglicherweise unethisches Verhalten erlangt.
Näheres regelt die Schieds- und Ehrengerichtsordnung.

Vollständigen Artikel als PDF zum Download